Freitag, 8. Juli 2016

Wenn das Vertrauen in die eigene KiWu-Klinik nicht mehr da ist...

Ich habe euch ja schon erzählt, dass wir uns eine zweite Meinung bei mehreren Repro-Medizinern einholen wollten. Um dafür bestens vorbereitet zu sein, haben wir uns eine Kopie unserer Patientenakten bei unserer Klinik angefordert. Diese kam gestern endlich an.

Meine Empfehlung an all meine Leserinnen: besorgt euch diese Kopie, lest die Akte intensiv durch und googelt die Befunde. Ich habe das gestern nach Feierabend bis tief in die Nacht getan. Vielleicht war es nur bei mir so, aber ich habe mit dieser Kopie endlich mal all meine Befunde und Behandlungen verstanden und fühle mich nun wie ein mündiger Patient. Und hier und da bin ich auf Werte gestoßen, die mich ein wenig irritiert haben. Zum Beispiel der AMH-Wert.

In meiner Klinik teilte man mir bspw. immer mit, dass ich einen AMH-Wert von 5 hätte. Aufgrund dieser vermeintlichen Ausgangslage sind meine Ärzte immer davon ausgegangen, dass ich eine Überstimulations-Patientin bin. Aus diesem Grund wurde immer wieder das Antagonistenprotokoll und die jeweiligen Medikamente ausgesucht. Nun lese ich in den Blutergebnissen, dass mein AMH nur bei 3 lag. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Vermutlich wurde der Wert aus dem Blutbescheid falsch in das Überblicks-Blatt meiner Patientenakte übertragen! Ich habe die "5" ständig auf diesem Blatt gelesen und meine Ärztin hat diesen hohen Wert auch jedes Mal betont. 

Die Patientenakte ist das eine, die zweite Meinung habe ich mir natürlich auch geholt.

Heute hatte ich dann die Möglichkeit mit einem Reproduktionsmediziner in Österreich zu telefonieren. Dieser Mediziner ist mit jemandem aus meinem Freundeskreis verwandt und hat uns angeboten uns unentgeltlich zu beraten. Dieses Telefonat hat mein Vertrauen in unsere KiWu-Klinik erschüttert. 

Dank der Patientenakte konnte ich dem Mediziner ausführlich Auskunft erteilen. Und nach und nach stellte sich heraus, dass meine Klinik nicht optimal agiert hat.
Kurz nach meinen ELSS habe ich - im Sommer 2014 - die kompletten Blutuntersuchungen in meiner Klinik vornehmen lassen. Hier wurde der AMH-Wert von 3 festgestellt. Der Mediziner meinte, dass dieser AMH-Wert zum damaligen Zeitpunkt für mein Alter schon nicht so super gewesen sei wie es die Klinik behauptet hat. Meine erste Behandlung hatte ich erst wieder im September 2015. Da diese erste Behandlung schon nicht so gut verlaufen ist, hätte man danach noch einmal den AMH, aber auch andere Werte, erneut testen lassen müssen. Spätestens nach der zweiten schief gelaufenen Behandlung hätte man aufmerksam werden müssen und die damaligen Hormon-Werte alle noch mal testen lassen müssen. Denn ab 35 Jahre können sich diese Werte rasant ins negative entwickeln und eine andere Behandlung erforderlich machen. Aber stattdessen erfolgte die dritte Behandlung - im gleichen Protokoll, mit den gleichen Medikamenten.

Der Mediziner vermutet, dass sich meine Hormonwerte bereits deutlich verschlechtert haben - weshalb ich auch so schlecht auf die (vielleicht falsche?) Behandlung reagiert habe. 
Als ich ihm erzählt habe, dass meine Ärztin nun das Longprotokoll plant, war er etwas entsetzt. Sollten sich meine Werte tatsächlich verschlechtert haben, könnte ich das Geld für die ICSI auch direkt verbrennen. Denn dann würde das Longprotokoll zu einem noch schlechteren Ergebnis führen. Man kann es eigentlich schon als grob fährlässig bezeichnen, dass meine KiWu für ein Protokollwechsel vorab meine Blutwerte nicht überprüft.

Meine Ärztin erwähnte beim letzten Gespräch ja auch, dass mein Gestagen bzw. Progesteron-Wert am Ende der Stimulationsbehandlung kritisch gewesen sei. Ich habe dem Arzt daher mal alle Progesteron-Werte meiner 3 ICSIs mitgeteilt. Bei meiner ICSI No. 3 hätte er auf gar keinen Fall einen Transfer durchgeführt und bei ICSI No. 2 vermutlich auch nicht. Die Progesteron-Werte waren so hoch, dass die Möglichkeit einer Einnistung sehr gering war.

Am Ende des Gesprächs war ich am Boden zerstört. War das ganze letzte Jahr mit all den Behandlungen für die Katz? Die ganzen Hormone, die ganzen OPs, die ganzen gesetzten Spritzen und blauen Flecken, die ganzen Streitereien mit meinem Mann aufgrund der Hormone, die ganzen "Depressionen" nach den Negativs, die ganzen Lügen auf der Arbeit, die Belastung - für nichts? 

Ich weiß gerade nicht, wie ich mit diesen Informationen umgehen soll. Soll ich mich jetzt freuen, weil es vielleicht eine Antwort auf das "Warum?" und vielleicht sogar eine Lösung gibt? Oder soll ich wütend darüber sein, dass ich permanent falsch behandelt wurde? Soll ich traurig darüber sein, dass ich unnötig ein ganzes Jahr für Nichts verloren habe?
Was soll ich da jetzt bitte fühlen? Wie soll ich damit umgehen? 

Wie geht es jetzt weiter? 
Der Arzt hat mir angeboten, dass er mir eine Behandlung empfiehlt. Dafür müsste ich allerdings bestimmte Blutwerte bestimmen lassen (ca. 20 Werte). Ich werde jetzt zu meiner Frauenärztin (nicht aus der KiWu) gehen und sie fragen, ob sie diese Blutwerte für mich bestimmen lassen kann. 
Sobald die Blutwerte da sind, schicke ich ihm alle Unterlagen zu und werden noch einmal telefonieren.

An alle KiWu-Frauen da draußen, die schon mehrere Negativs kassiert haben: Holt euch unbedingt eine Zweitmeinung ein. Vertraut den Ärzten nicht blind. 

Ich bin nicht in irgendeiner kleinen Hinterhofklitsche in Behandlung. Nein, ich bin in der modernsten und renommiertesten Klinik in meiner Stadt in Behandlung. In meinem Freundes-/Bekanntenkreis waren viele dort in Behandlung und alle hatten Erfolg. Und trotzdem ist das hier mit mir passiert! Ärzte sind auch nur Menschen und machen Fehler. Leider.

Ich bin für heute durch und melde mich die Tage wieder. Das alles muss ich erst einmal verarbeiten...

Dienstag, 5. Juli 2016

Warum es so weh tut

Die ganze Zeit habe ich mich gefragt, warum es mir so unendlich wehtut, dass meine Nachbarn nun ein Kind erwarten.

Es tut zum einen so weh, weil bei diesen Nachbarn alles nach Plan verläuft - sogar das Kinderkriegen.
Aber der Grund, warum es mir eigentlich so weh tut, ist ein anderer. Und der ist mir erst ein wenig später klar geworden. In meinem Freundeskreis und in meiner Familie hat mir jede neue "frohe Botschaft" auch einen Stich versetzt. Insbesondere diejenige von meiner besten Freundin am Tag unserer Hochzeit - diese Nachricht hat mich ähnlich umgehauen, wie diejenige von meinen Nachbarn. Aber mit den anderen frohen Botschaften bin ich einigermaßen souverän umgegangen - zumindest dachte ich das bis jetzt...

Aber warum hat mich ausgerechnet die Nachricht von meinen Nachbarn so umgehauen? Ganz einfach: weil ich jeden Tag mit der Fruchtbarkeit unserer Nachbarn konfrontiert werde. Jeden Morgen, wenn ich aus dem Haus gehe; jeden Abend, wenn ich nach Hause komme und jeden Tag, wenn ich aus dem Fenster schaue. Ich bin nur deshalb - vermeintlich - so souverän mit den bisherigen Schwangerschaften umgegangen, weil ich diese Personen danach gemieden habe. Auch meine beste Freundin habe ich seit der Geburt ihres Kindes erst ein Mal getroffen (und das Kind ist mittlerweile 4 Monate alt). Zuvor habe ich meine beste Freundin ca. alle 2 Wochen oder öfters getroffen.
Aber meinen Nachbarn kann ich nicht aus dem Weg gehen - außer ich ziehe um.

In der Psychologie sagt man, dass man unangenehme Situationen aushalten muss und dass man unangenehme Situationen auch manchmal ganz bewusst aufsuchen muss. Nur so schafft man es, sich damit auseinanderzusetzen.
Die Schwangerschaft meiner Nachbarin ist somit eine knallharte Konfrontationstherapie für mich. Nicht nur, dass ich mir jeden Tag den dicker werdenden Bauch anschauen darf - nein, ich muss mir nun auch sehr regelmäßig den ganzen Schwangerschaftsmist anhören, den sie mir sicherlich lang und breit erzählen wird. Halleluja - mein Traum geht endlich in Erfüllung ... nicht ;-)

So, ich begebe mich dann mal in die Konfrontationstherapie, während ich versuche meine andauernde ungewollte Kinderlosigkeit zu verarbeiten.

Bis dahin!

Samstag, 2. Juli 2016

Der Mythos mit dem Klapperstorch auf dem Dach ... stimmt doch

Vor einigen Wochen habe ich euch ja erzählt, dass wir den Klapperstorch bei uns gesehen habe. Gegenüber auf dem Dach der Nachbarn. Und was soll ich sagen? Der Klapperstorch hat tatsächlich ein Baby angekündigt, das in einigen Monaten zur Welt kommen wird.

Aber spulen wir noch einmal zurück. 

Wir leben in einer Großstadt und die Wahrscheinlichkeit, dass sich überhaupt ein Klapperstorch in unsere Stadt und dann auch noch ausgerechnet in unsere Straße verirrt gleicht einem 6er im Lotto. Sprich: das ist so absurd, dass man gar nicht anders kann als daran zu glauben, dass er eine Bedeutung hat und ein Baby ankündigt.
Als der Klapperstorch kam, standen wir mit einigen Nachbarn im gebährfähigen Alter auf der Straße. Keines der Nachbars-Pärchen hat Kinder. 

Ein Pärchen hat sein Leben akribisch mit der Excel-Tabelle geplant: von langer Hand die Märchenhochzeit mit Taube und Kutsche geplant, die im letzten Jahr stattfand. Und bereits im letzten Jahr angekündigt, dass man in ca. 1 Jahr mit der Babyplanung beginnt. Das wäre in etwa jetzt. Zudem hat sich das Pärchen vor einigen Monaten noch einen Welpen zugelegt, weil es ja besser ist den Hund schon vor dem Nachwuchs zu haben. Vor einigen Monaten fing das Pärchen dann auch akribisch an, nach einem geeigneten Einfamilienhaus zu suchen. Das Grundstück wurde dann vor ca. Wochen gefunden und der Vertrag letzte Woche abgeschlossen. Man sollte meinen, dass ein Leben nach Excel-Tabelle vermutlich spätestens beim Thema Kinderwunsch einen Bruch erleidet. Der Klapperstorch landete auf dem Dach von diesem Pärchen.

Dann gibt es noch einige andere Paare. Von einem Paar haben wir erfahren, dass sie auch ungewollt kinderlos sind. Wir sind nun in der gleichen Klinik. Bei einem anderen Paar vermuten wir ähnliches. Noch ein anderes Paar geht jetzt wohl in die Kinderplanung. 

All diese Paare wollen Kinder. Entsprechend glücklich waren wir alle, als wir in unserer Straße standen und den Klapperstorch haben landen sehen.

Mein Lieblingsmann und ich waren so naiv zu glauben, dass der Klapperstorch wegen uns gekommen ist. Aber das Ergebnis der 3. ICSI kennt ihr ja. Aber nein, der Klapperstorch war nicht wegen uns hier. Er landete auf dem Dach der Nachbarn und kündigte damit deren Baby an. Das Baby des perfekten Pärchens, das alles - wirklich alles! - in seinem Leben plant und das perfiderweise auch noch tatsächlich eintritt.

Ich habe diese "frohe" Botschaft heute Vormittag erfahren und ich konnte mich beim besten Willen nicht freuen. Was für ein perfides und krankes Spiel spielt das Leben da eigentlich mit mir? Ich habe eben ein Wechselbad der Gefühle durchlebt - Hass, Agressionen, Wut und Trauer. Alles abwechselnd.
Wie absurd ist das bitte alles? Die haben ihr Leben komplett durchgeplant und es tritt alles auch genauso ein? Das kann doch nicht, oder? 
Hätte ich mein Leben auch besser durchplanen sollen? Hätte ich früher mit meinem Kinderwunsch starten müssen, damit mir das hier alles erspart bleibt? Ich ertrage es nicht. Ich ertrage die glückseligen Lebenszustände anderer Menschen momentan nicht - zumindest dann nicht, wenn sie mit Kindern in Zusammenhang stehen.  

Ich würde jetzt am liebsten mal all meine Wut herausschreien. Aber das geht nicht, weil ich in einer Mietwohnung in einer Großstadt lebe. Und ich lebe in einer Mietwohnung mitten in einer Großstadt, weil wir keine Kinder haben. Wir hatten damals auch diesen Traum von einem Eigenheim. Aber wozu brauchen wir ein Haus an den Toren vor unserer Stadt und soll auf ein Stadtleben verzichten, wenn wir sowieso keine Kinder haben?

Hach - ich bin gerade einfach nur unglaublich wütend. Ich bin eh total gerädert, weil ich mir während der Hormon-Talfahrt auch noch eine richtig miese Erkältung zugezogen habe. Und das ätzende ist, dass ich mich nicht krankschreiben lassen konnte/kann, weil ich vor zwei Wochen ja noch wegen der ICSI krankgeschrieben war. Bei meinem Arbeitgeber hatte ich da schon behauptet, dass ich eine Grippe hätte. Daher habe ich mich die letzten Tage mit aufputschenden Erkältungsmitteln zugedröhnt, um arbeiten zu können. Entsprechend mies geht es mir gerade. Ich halte von solchen Mitteln eigentlich auch nix. Aber eine andere Wahl hatte ich leider nicht.

So, ich beende diesen Frustpost jetzt besser. Bringt ja alles nix.
Das einzig positive ist: die Sache mit dem Klapperstorch stimmt. Wenn er auf eurem Dach landen sollte, dann .... :-*